Die Play Magnus Gruppe - Magnus Carlsen und die Drei Fragezeichen

Einleitung

Schachlich läuft es für Magnus Carlsen im Moment nicht. Wijk aan Zee war eine klare Enttäuschung; danach unterliefen ihm in Onlineturnieren zum Teil haarsträubende Fehler.

Geschäftlich läuft es dagegen deutlich besser. Getragen vom Boom, den Schach zur Zeit vor allem im Internet erlebt, vermeldete die Play Magnus Gruppe vor kurzem einen starken Anstieg beim Umsatz und der Zahl der Nutzer und Kunden.

Kurz danach der nächste Paukenschlag: man übernimmt New In Chess und Everyman Chess, zwei der renommiertesten Schachverlage der Welt. 

Kein Wunder also, daß das Unternehmen im Moment mit Lobeshymnen überhäuft wird. Auch ich bin der Meinung, daß die Play Magnus Gruppe durchaus Potential hat. Immerhin ist sie der erste Versuch, mit einer Aktiengesellschaft und viel Kapital den globalen Schachmarkt aufzurollen. 

Dennoch glaube ich, daß etwas mehr Skepsis angebracht ist, als man sie in der Berichterstattung rund um das Unternehmen zur Zeit findet.

Magnus Carlsen - Investor, Galionsfigur, Rampensau

Zunächst möchte ich mit einem weitverbreiteten Irrtum aufräumen, den ich gelegentlich in der Schachpresse, und noch häufiger in den dazugehörigen Forumsdiskussionen finde. Dort wird nämlich bisweilen der Eindruck erweckt, Carlsen sei Eigentümer und Chef der Play Magnus Gruppe, und könne dementsprechend schalten und walten, wie er wolle. 

Dieser Eindruck ist naheliegend, aber falsch. Dazu zunächst ein Blick in die jüngere Vergangenheit:

Magnus Carlsen gründete im Oktober 2013 die Firma Play Magnus AS zur Programmierung einer Schach-App. Zum damaligen Zeitpunkt gehörten Carlsen 60% der Firmenanteile, seinem Manager Espen Agdestein 15%. Die restlichen 25% verteilten sich auf norwegische und amerikanische Investoren. 

In den folgenden Jahren wurden neue Geschäftsfelder erschlossen und eine Reihe von institutionellen Investoren und ein professionelles Management ins Boot geholt. Im Oktober 2020 folgte dann der Börsengang. Inzwischen nennt sich das Unternehmen Play Magnus Group of Companies. Die Eigentumsverhältnisse sehen mittlerweile wie folgt aus:



Carlsen und sein Vater Henrik halten über ihre gemeinsame Firma Magnuschess AS noch 9.5% an der Play Magnus Gruppe. Vater Henrik sitzt ausserdem im Aufsichtsrat. Eine operative Rolle im Management haben beide nicht. Entgegen der landläufigen Meinung kann Carlsen also auch nicht einfach so par ordre du mufti entscheiden, ob z.B. eine weitere Firma dazugekauft werden soll. Er ist "nur" der wichtigste Einzelaktionär, wenn auch mit vergleichsweise geringem Aktienanteil.

Die Play Magnus Gruppe beschreibt auf ihrer Website die Rolle von Magnus Carlsen als die einer Rampensau, die den Erfolg der Firma personifiziert, für Aufsehen sorgt, und gleichzeitig interessante Kontake in Politik, Wirtschaft, und Sport herstellen kann. 

Nebenbei bemerkt: Carlsen persönlich verdient als hochbezahlter Schachprofi und Werbeträger ohnehin sehr viel mehr, als er das (selbst als leitender) Angestellter einer Firma je könnte. Für ihn ist es deutlich lukrativer, sich auf sein Schach zu konzentrieren, und ansonsten als größter Einzelaktionär des Unternehmens weitgehend passiv an dessen Wertentwicklung teilzuhaben.

Institutionelle Anleger, wie im Fall der Play Magnus Gruppe z.B. die schweizer Großbank UBS sowie die amerikanischen Investmentbanken Morgan Stanley und Merrill Lynch, sehen das in der Regel genauso. Ein Aushängeschild und Sympathieträger wie Carlsen hat man zwar gern dabei, aber nur in beratender und nicht in leitender Funktion. Dazu fehlen Carlsen sowohl die Zeit als auch die betriebswirtschaftliche und unternehmerische Erfahrung.

Stattdessen drängen insbesondere die institutionellen Anleger meist darauf, Führungspositionen in ihren Portfoliounternehmen mit Personen zu besetzen, die den angestrebten betriebswirtschaftlichen Erfolg anderswo bereits unter Beweis gestellt haben. 
Der Vorstandsvorsitzende der Play Magnus Gruppe, Andreas Thome, hat z.B. langjährige Erfahrung im Management von Softwareunternehmen.

Für Carlsen hat sich die Sache aber allemal schon gelohnt. Sein ursprüngliches Investment betrug 2013 etwa 13.000 Dollar. Beim Börsengang im vergangenen Oktober waren die von ihm und seinem Vater noch gehaltenen Anteile dann bereits etwa 12 Millionen Dollar wert.  

Otto Waalkes in "Otto - Der Film" (1985) im Haus seiner Angebeteten, der Adelstochter Silvia von Kohlen und Reibach. Gut möglich, dass man bei Magnus Carlsen eine ähnliche Wanddekoration finden würde. Finanziell läuft's gut.

Die Play Magnus Gruppe - ein Unternehmen im Kaufrausch

Durch den Börsengang hat die Play Magnus Gruppe viel Geld eingenommen; die Barreserven stiegen zum Ende des vergangenen Jahres auf etwa 37 Millionen Dollar. Das Unternehmen kündigte an, daß man das Geld für technische Upgrades und zur weiteren Expansion verwenden wolle, und dabei vor allem auch den Erwerb weiterer Firmen im Blick habe.

Inzwischen hat man hier überraschend schnell Taten folgen lassen, und mit New in Chess und Everyman Chess in kürzester Zeit zwei der renommiertesten Schachverlage der Welt übernommen. Bei Everyman Chess erscheint z.B. die "My Great Predecessors" Reihe von Garri Kasparow.

Laut Pressemitteilungen der Play Magnus Gruppe geht es bei diesen Akquisitionen vorrangig darum, exklusiven Zugriff auf qualitativ hochwertige Inhalte für Chessable und die anderen Unternehmenstöchter zu bekommen.

Ausserdem sicherte man sich diese Woche noch langfristig exklusiv die Dienste von GM Simon Willams ("Ginger GM"), einem populären Großmeister und Schachtrainer, der bisher auch auf anderen Plattformen zu finden war. Ich nehme an, daß noch weitere Deals dieser Art folgen werden. 

Aus meiner subjektiven Sicht merke ich diese Veränderungen auch im Internet, wo mir zur Zeit andauernd neue Chessable Kurse angepriesen werden, und sich mein Twitter Newsfeed bisweilen anfühlt wie eine Chessable Dauerwerbesendung.

Da der Markt so allmählich leergekauft zu sein scheint, drängt sich natürlich die Frage auf, ob nicht auch Chessbase ein Übernahmekandidat wäre, und man kann davon ausgehen, daß man sich in Hamburg und Oslo diese Frage auch schon gestellt haben wird. 

Auch wenn Chessbase ein bisschen vom Wege abgekommen zu sein scheint, würde es mich als norddeutscher Lokalpatriot natürlich trotzdem freuen, wenn die Firma eigenständig erhalten bleibt. Das Datenbankprogramm Chessbase und die Mega Database haben vermutlich mehr für meine schachliche Entwicklung getan als alle anderen schachlichen Anschaffungen zusammen.

In jedem Fall steht aber der Markteintritt in Deutschland bevor: Chessable sucht Übersetzer mit Deutschkenntnissen.

Die alten Haudegen Helmut Pfleger und Vlastimil Hort sind für Chessable wohl weniger interessant. Manchmal sieht man sie noch auf Chessbase, wo sie in Erinnerungen schwelgen, Anekdoten aus ihrem langen (Schach-)Leben erzählen, und das Bedürfnis des mit ihnen in die Jahre gekommenen Publikums nach Nostalgie befriedigen.

Die Finanzpresse: Jubelperser und Claqueure

Da das Unternehmen nun börsennotiert ist, findet die Berichterstattung nicht mehr nur in der Schachpresse statt, sondern auch in der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzpresse. An sich ist das positiv, denn dadurch bekommt Schach eine noch grössere Aufmerksamkeit. Gleichzeitig bekommt auch die Schachöffentlichkeit zumindest einen kleinen Einblick in das operative Geschäft eines Unternehmens in der Schachbranche. Das gab es bisher auch noch nicht.

Leider wird in der Finanzpresse allerdings in der Regel nur die Frage diskutiert, ob sich der Kauf der Aktie lohnt, und ob die "Gelegenheit zum Einstieg" genutzt werden sollte.

Insgesamt ist die Berichterstattung bisher erstaunlich schwach. Als besonderes Negativbeispiel fiel mir bei der Vorbereitung auf diesen Artikel das Magazin "Der Aktionär" auf. Dort wird in Artikeln wie Play Magnus: Fantastisches Zahlenwerk und Prognoseanhebung sehr zum Kauf der Aktie geraten. 

Bedauerlicherweise werden in den verschiedenen Artikeln des Magazins aber völlig unkritisch nur die von der Play Magnus Gruppe selbst präsentierten Zahlen, Fakten, und Behauptungen wiedergegeben. Eigene Analysen des Schachmarktes, oder wenigstens eine genauere Auseinandersetzung mit den Zahlen des Unternehmens finden nicht statt. Alles, was ich in den Artikeln des Magazins zur Play Magnus Gruppe an Informationen finden konnte, geht direkt auf die vom Unternehmen selbst veröffentlichten Präsentationen und Berichte zurück.

Man kann vielleicht als mildernde Umstände anerkennen, dass es sich hier (noch?!) um einen absoluten Nischenmarkt handelt, der noch nicht lange unter der professionellen Beobachtung von Analysten steht. Ausserdem ist auch die Play Magnus Gruppe selbst noch sehr jung und es sind noch nicht viele Informationen verfügbar. 

Trotzdem ist es enttäuschend, aber ein gutes Beispiel für das Versagen des Börsenjournalismus insgesamt, daß in diesen Artikeln keine kritische Berichterstattung betrieben wird, sondern letzten Endes nur Werbung gemacht wird für die vorgestellten Unternehmen.

Dabei würden sich spannende Fragen zur allgemeinen Situation und Finanzlage des Unternehmens geradezu aufdrängen, wenn man z.B. einmal einen Blick in die Gewinn- und Verlustrechnung wirft:


Den Betriebskosten von 13,1 Millionen für 2020 steht dort nur ein Umsatz von knapp 8 Millionen Dollar gegenüber. Das ist zwar nicht unbedingt ein Problem, sondern typisch für junge Softwareunternehmen, die in ihrer Anfangsphase mit geliehenem oder an der Börse eingetriebenem Geld auf Teufel komm raus Wachstum finanzieren mit dem Ziel, schnellstmöglich genug Marktanteile und Relevanz zu erreichen, um dann den Fokus auf Profitabilität legen zu können. 

Trotzdem wäre es spannend gewesen, von den Analysten der Wirtschaftspresse ein paar Gedanken zur Ausgabenseite der Gewinn- und Verlustrechnung zu lesen. 

Ausserdem fällt auf, daß sich die Betriebskosten des Unternehmens von 2019 auf 2020 etwa verdreifacht haben. Der Umsatz hat sich aber nur etwas mehr als verdoppelt. Auch das ist nicht unbedingt ein Problem, wäre aber eine Erwähnung wert gewesen, und bedarf in jedem Falle einer Erklärung.

Ein Blick in die Kapitalflussrechnung (neudeutsch: Cash Flow Statement) wäre auch sehr interessant. Die wird aber erst mit dem geprüften Jahresabschlussbericht veröffentlicht. Sobald sie dann vorliegt, werde ich dieses Thema noch einmal aufarbeiten.

Fest steht aber, daß die Kriegskasse mit den 37 Millionen Dollar aus dem Börsengang nicht nur für eine Einkaufstour auf dem Schachmarkt verwendet werden kann, sondern auch dazu herhalten muss, ein auf absehbare Zeit negatives Betriebsergebnis zu finanzieren.

Es reicht eben nicht aus, wenn Manager und Journalisten immer nur über das günstige Marktumfeld schwadronieren. Ein Blick in die Zahlen gehört seriöserweise immer dazu.

Play Magnus und die Drei Fragezeichen

Die Play Magnus Gruppe hat durchaus Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Dennoch gibt es auch ein paar Risiken und Unabwägbarkeiten, die meiner Meinung nach im Triumpfgeheul über die Erfolge des noch jungen Unternehmens bisher untergegangen und noch nicht genügend gewürdigt worden sind.

Ich finde, es sind vor allem die "Drei Fragezeichen", die der Play Magnus Gruppe noch Schwierigkeiten machen könnten: das allgemeine Marktumfeld, die Preispolitik des Unternehmens, und die Eigentümerstruktur.

    Allgemeines Marktumfeld:

Die Play Magnus Gruppe weist in ihren Pressemitteilungen und Veröffentlichungen selbst immer wieder darauf hin, daß Schach zur Zeit einen noch nie dagewesenen Boom erlebt. Und tatsächlich, man kann es bald schon nicht mehr hören: Corona, Damengambit, und PogChamps - Schach ist so beliebt wie noch nie, und mittlerweile werden landauf, landab sogar die Schachbretter knapp. 

Natürlich werden viele Menschen, die Schach durch Corona oder die Netflix Serie Damengambit entdeckt haben, dem Spiel auch treu bleiben.
Andererseits glaube ich aber, dass die grössere Zahl derer, die sich jetzt zum ersten mal in ihrem Leben mit Schach beschäftigen, früher oder später wieder abspringen wird. Entweder, weil sich die erhofften schnellen Erfolge nicht einstellen (denn Schach ist nun mal leider kein besonders einsteigerfreundliches Spiel); oder weil die Einschränkungen des täglichen Lebens durch die Corona Epidemie irgendwann wieder vorbei sein und dann andere Hobbies wieder möglich werden; oder weil früher oder später eine andere Sau durch's Dorf gejagt werden und sich der Hype dann auf ein neues Thema stürzen wird. 

Beispiele dafür gibt es durchaus: Als zu Beginn der 2000er Jahre Poker einen grossen Boom erlebte - warum, weiss keiner so genau - war es ähnlich: das Spiel war quasi über Nacht in aller Munde; wie Schach eignet es sich ausserdem sehr gut für das Internet. Es gründeten sich eine Reihe von Unternehmen und Pokerschulen. Eine Zeit lief es dann offenbar auch ganz gut. Immerhin gingen auch dem Schach einige Grossmeister verloren, die ihr Glück lieber beim Pokern suchten. 

Irgendwann ebbte die Begeisterung dann wieder ab, viele Spieler wandten sich anderen Beschäftigungen zu, und mittlerweile ist aus meiner subjektiven Sicht das Spiel wieder komplett in der Versenkung verschwunden. 

Gewisse Parallelen gibt es auch zu den Spielen Farmville auf Facebook, und Angry Birds. Beides waren Computerspiele für ein kleines Nischenpublikum. Für kurze Zeit aber waren auch sie unglaublich populär und wurden millionenfach gespielt. Und genauso schnell wie sie kamen, war der Spuk dann auch wieder vorbei. Heute kräht (zum Glück) kein Hahn mehr nach diesen Spielen.

Ausserdem bleibt abzuwarten, ob auch weiterhin im Internet der Rubel rollt, wenn der Schachboom sich zurück in die Vereine und an die Bretter verlagert, sobald die Corona Epidemie vorbei ist. Ob das allgemeine Schachpublikum immer noch so viel Geld für Online-Training auszugeben bereit sein wird, wenn es vergleichbare Angebote billiger und geselliger auch wieder in den Vereinen gibt, ist längst nicht ausgemacht.  

Es ist daher davon auszugehen, daß es eben doch keinen nahezu unerschöpflichen Nachschub an zahlungswilligen Kunden gibt, auch wenn von der Play Magnus Gruppe gelegentlich das Gegenteil suggeriert wird.

Andreas Thome gibt sich dennoch optimistisch. In einem Interview mit "Der Aktionär" sagte er kürzlich, daß die Umsatzprognose für 2021 von 14-16 Millionen Dollar auf 19-21 Millionen Dollar angehoben wurde. Gleichzeit äusserte er sich zuversichtlich, das für 2025 angepeilte Umsatzziel von 60 Millionen Dollar (!) zu erreichen oder sogar zu übertreffen. 

Wir werden sehen. Wenn er das auch nur annähernd erreichen will, wird er noch eine ganze Menge Chessable Kurse verkaufen müssen.

Die Play Magnus Gruppe beurteilt das allgemeine Marktumfeld sehr positiv und geht von exzellenten Wachstumsmöglichkeiten aus


    
Preispolitik:

Ich bin schon erstaunt, wie teuer die Produkte der Play Magnus Gruppe sind. Hier in Amerika kosten Chessable Kurse (mit Video) zum Teil 200 Dollar und mehr. (Warum das so ist, werde ich im nächsten Abschnitt "Eigentümerstruktur" noch näher beleuchten). 

Zumal man die Kurse ja nicht einmal im eigentlichen Sinne dauerhaft erwirbt (z.B. als Download oder DVD), sondern nur das Recht, die Videos streamen zu "dürfen".  Wenn es die Firma irgendwann einmal nicht mehr geben sollte, sind auch die gekauften Kurse weg.

Um es gleich klar zu sagen: Es ist gut möglich, daß die Kurse von Chessable gut sind. Es ist ausserdem zu hoffen, dass die Autoren fair an den Einnahmen beteiligt werden. 

Dennoch habe ich so meine Zweifel, daß sich genug Kunden finden lassen, die immer wieder zu solchen Preisen neue Kurse kaufen. Erst recht dann, wenn auch bei den neu dazugekommenen Schachfans die Einsicht einkehrt, daß man noch lange kein besserer Schachspieler wird, bloß weil man Geld für Kurse ausgegeben hat. 

Zumal ich es als potentieller Kunde sehr irritierend finde, daß Chessable seine Kurse oft mit absurden Rabatten anbietet. Kürzlich waren sowohl am Valentinstag als auch am Weltfrauentag (Beth Harmon lässt grüssen) die Preise um 50% reduziert. An sich nicht schlecht. Aber mir drängen sich als Kunde dann immer zwei Fragen auf: wenn die Ware wirklich so gut ist wie angepriesen, warum wird sie dann so verramscht? Und ist es nicht willkürliche Abzocke, wenn man als Kunde je nach Kaufdatum bisweilen den doppelten Preis zu zahlen hat?

Ich bin gespannt, wie sich die Preise in Zukunft entwickeln werden. Meiner Meinung nach ist der Markt bereits mit Eröffnungs-DVDs und Kursen übersättigt. Eigentlich sollte das zu fallenden Preisen führen, aber das wird sich die Play Magnus Gruppe als börsennotiertes Unternehmen kaum leisten können. 

Eine Play Magnus Plus Mitgliedschaft kostet $14.17 im Monat, und damit in etwa so viel wie ein Netflix Abonnement, oder meine Audible Mitgliedschaft für Hörbücher. Angesichts der Tatsache, dass es z.B. auf Lichess auch eine Menge ähnlicher Inhalte umsonst gibt, ein stolzer Preis, wie ich finde. Die Mitgliedschaft beim direkten Konkurrenten Chess.com, wo ebenfalls vergleichbare Inhalte geboten werden, ist etwas billiger.

    Eigentümerstruktur

Die vielleicht größte Herausforderung für die Play Magnus Gruppe liegt aber in ihrer Eigentümerstruktur. 

Firmen wie Chessbase, New in Chess, und Everyman Chess stellen schon seit Jahrzehnten unter Beweis, daß man als Herausgeber von Schachprodukten dauerhaft Geld verdienen kann. Mal mehr und mal weniger, oft sicher mehr schlecht als recht, aber die Tatsache, daß es diese Firmen seit Jahrzehnten gibt (auch wenn die letzen beiden ab jetzt zur Play Magnus Gruppe gehören), spricht für sich.

Alle drei Firmen waren bisher in Privatbesitz. Chessbase ist es noch immer. Wer nicht vom Kapitalmarkt getrieben ist, und nicht unter Druck steht, jedes Quartal aufs neue "hervorragende" Zahlen vorlegen zu müssen, kann deutlich besser langfristig planen, und gerade auch in schwierigen und renditeschwachen Nischenmärkten dauerhaft Erfolg haben.

Ganz anders sieht es bei der Play Magnus Gruppe aus. Durch den Börsengang hat man zwar eine Menge Geld eingenommen, um aggressives Wachstum und eine beeindruckende Einkaufstour zu finanzieren; gleichzeitig hat man sich aber auch auf Gedeih und Verderb dem Kapitalmarkt ausgeliefert. Ob sich mit Schach dauerhaft so viel Geld verdienen lässt, daß auch aggressive Finanzinvestoren mit der Rendite zufrieden sind, muss das Unternehmen erst noch beweisen.

Zu den Anteilseignern des Unternehmens gehören wie eingangs erwähnt nun z.B. die schweizer Großbank UBS sowie die amerikanischen Investmentbanken Morgan Stanley und Merrill Lynch. Das sind keine Institutionen, die Gutes tun wollen und sich mit 5% Rendite zufriedengeben. Nicht zuletzt, weil diese Banken auch selbst ihren Anteilseignern gegenüber im Wort stehen, hohe Renditen liefern zu müssen, werden sie ihrerseits der Play Magnus Gruppe mächtig Dampf machen, um auch noch den letzten Dollar aus dem Geschäftsmodell und letzen Endes dem Kunden zu pressen. 

Dabei ist vorprogrammiert, daß kommerzielle Interessen im Zweifelsfall immer Vorrang vor inhaltlicher Qualität haben. 

Hier ein fachfremdes Beispiel, das diese Dynamik dennoch gut illustriert: Die Star Wars Saga war bei George Lucas jahrzehntelang in guten Händen. Kaum wurde sie an Disney verkauft, ging es bergab. Der Konzern wollte zu schnell zu viel, drehte viel zu viele viel zu schlechte Filme und übertrieb es mit dem Merchandising. Disney hat es tatsächlich geschafft, innerhalb kürzester Zeit eine der stärksten Marken des Filmgeschäfts komplett herunterzuwirtschaften.

Natürlich muss es bei der Play Magnus Gruppe nicht zwangsläufig so kommen, aber man hat sich nun mit Anteilseignern eingelassen, deren oberstes Interesse es nicht notwendigerweise ist, qualitativ hochwertige Schachprodukte zu produzieren, sondern Geld zu verdienen.

Und sollte es mal nicht so gut laufen, wird es schnell ungemütlich. Sollten die ehrgeizigen Renditeerwartungen dauerhaft verfehlt werden, könnten die großen institutionellen Investoren der Play Magnus Gruppe auch auf einen Verkauf drängen, z.B. an einen großen Konzern aus der Unterhaltungsbranche, ein großes Softwareunternehmen, oder einen der Marktführer im Bereich e-Learning. 

Das Spannungsfeld zwischen der schachlicher Qualität, die man von Marken wie New in Chess und Everyman Chess bisher gewohnt war, auf der einen Seite, und den extrem hohen Renditeerwartungen der Wall Street auf der anderen Seite werden jedenfalls noch für Konflikte sorgen.

Fazit

Die Play Magnus Gruppe hat in den vergangenen Monaten für mächtig Furore gesorgt. Zunächst der Börsengang, dann eine Reihe von spektakulären Übernahmen renommierter Schachverlage und bekannter Firmen aus der Branche. 

Getrieben vom weltweiten Hype, den Schach zur Zeit erlebt, hat auch die Play Magnus Gruppe bisher imposantes Wachstum erlebt. 

Ob sich mit Schach allerdings dauerhaft so viel Geld verdienen lässt, daß auch aggressive Finanzinvestoren mit der Rendite zufrieden sind, muss das Unternehmen erst noch beweisen.

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