Von der Schwierigkeit, Sein Eröffnungsrepertoire Umzustellen

Gestern erschien bei den Perlen vom Bodensee ein Interview mit Georg Meier, in dem der deutsche Großmeister wieder einmal kein Blatt vor den Mund nahm. 

Das Interview löste wie so oft bei den Perlen eine kontroverse Diskussion in den Kommentaren aus. Auch wenn die Meinungen weit auseinandergingen, fühlte sich (und das ist typisch für Forumsdiskussionen) jeder durch Meiers Aussagen bestätigt. 

Ich möchte hier nicht auf die schachpolitischen Äusserungen Meiers oder den Fall Naiditsch eingehen. Sondern auf seine hochinteressanten Einlassungen zur Französischen Eröffnung.

Zur zeitgeschichtlichen Einordnung: Ende 1989 war Lena Odenthal beim Tatort Ludwigshafen "Die Neue". Etwa zur gleichen Zeit war ich beim Lübecker Schachverein "Der Neue". Allerdings ohne Lederjacke, Dienstpistole und Polizeiausweis. Und anders als Sexsymbol Odenthal kam ich auch nicht vom Sittendezernat...

Ironie am Rande: Die Tatsache, daß ich selbst Französisch spiele, verdanke ich dem DSB Präsidenten Ullrich Krause, der vor vielen Jahren einmal mein erster Jugendwart beim Lübecker Schachverein war. Da er selbst Französisch spielt, war es auch die Eröffnung, die er mir nahelegte. Später, im Jugendtraining beim SV Bad Schwartau, begeisterten mich dann Partien wie diese Weiß-Niederlage von Judith Polgar gegen den Winawer.

In dem eingangs erwähnten Interview meint Meier, daß man mit der Französischen Eröffnung problemlos einen Level von 2650-2700 erreichen könne. Weiter komme man nicht, denn Weltklassespieler würden einem am Brett nachweisen können, daß die Eröffnung "minderwertig" sei. Meier äusserte ausserdem Bedauern darüber, sich am Anfang seiner Karriere für Französisch, und nicht 1.e4 e5 entschieden zu haben. 

Da ich ähnliche Gedanken auch seit vielen Jahren immer wieder mal hatte, fand ich Meiers Kommentare sehr spannend. Ich habe auch immer mit Französisch gehadert. Dabei ist für mich die Einschränkung, es damit angeblich nur bis Elo 2650-2700 zu schaffen, natürlich nicht einmal relevant. 

Ich hatte immer viel Spaß mit geschlossenen französischen Stellungen, die eher strategischer Natur sind, in denen es aber auch plötzlich zu scharfen Königsangriffen kommen kann. Auch die positionellen Qualitätsopfer, die Schwarz gelegentlich auf f3 als Option hat, fand ich immer spannend. Und, nebenbei bemerkt, eine der wenigen Situationen, in denen ich mich getraut habe, die Qualität zu opfern.

Mein Problem mit Französisch ist eher, daß man nicht in der Hand hat, ob Weiß die Abtauschvariante spielt oder nicht. Die ist zwar für Schwarz vollkommen in Ordnung, führt aber zu ganz anderen Stellungsbildern, als die, wegen der man Französisch spielt, und ist ziemlich remisverdächtig. Das ist dann besonders unangenehm, wenn man auf Gewinn spielen muss, oder gegen einen klar schwächeren Gegner spielt. 

Meier sagte in dem Interview noch, daß es dann irgendwann zu spät sei, sein Repertoire umzustellen, da man es sich gegen Weltklasse-GMs nicht leisten könne, ohne Erfahrung neue Eröffnungen zu spielen. Da hat er sicher recht.

Ich würde allerdings sagen, daß das selbst auf Amateurlevel ein Problem sein kann. Ich hatte den Gedanken, mein Schwarzrepertoire umstellen zu wollen oder müssen, viel zu lange vor mir hergeschoben. Im Nachhinein ist man dann immer schlauer.

Jetzt, 20 Jahre nach meiner "aktiven" Schachkarriere, habe ich aber nichts mehr zu verlieren, und wie ich bereits in dem Artikel Vom Versuch, wieder mit Schach anzufangen schrieb, ist die Umstellung meines Schwarzrepertoires einer meiner Schwerpunkte. Ich tendiere zu Sizilianisch, bin aber noch nicht sicher. Ich suche eine Eröffnung, bei der ich mehr Kontrolle darüber habe, was für ein Stellungstyp entsteht. 

Ob und wie das klappt, wird dann hier zu lesen sein...

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